Kaum eine Branche ist krisenfester als die Altenpflege. Hier wird mit Sicherheit niemand durch einen Roboter ersetzt. Dennoch steckt die Altenpflege in der Krise – durch den besonders hohen Fachkräftemangel. Bundesweit warnen Experten schön länger vor einem regelrechten Notstand in der Altenpflege. Pflegeeinrichtungen und Wohlfahrtsorganisationen sind bereits jetzt an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Die vorhandenen Mitarbeiter müssen den Fachkräftemangel mit Überstunden kompensieren. Dieser Zustand zehrt nicht nur an den physischen Kräften der Pfleger und Pflegerinnen, sondern besonders auch an ihren psychischen Kräften. Schließlich können sie anfallende Arbeiten nicht einfach auf morgen verschieben.
Der bayrische Freistaat hat beispielsweise bereits mit verschiedenen Info-Veranstaltungen durch das Sozialministerium reagiert und versucht über diesen Weg Werbung für den Pflegeberuf zu machen. Gerade in Bundesländern mit einer niedrigen Arbeitslosigkeit ist die Situation prekär. Angeblich soll es in München bereits eine Art Finderlohn bis zu fünftausend Euro für Altenpflegekräfte geben. Womit das Problem jedoch nicht zu beheben ist, denn damit werben sich die Pflegeeinrichtungen lediglich gegenseitig ihre Mitarbeiter ab.
Durch die Altersstruktur der Deutschen wird die Anzahl der Pflegebedürftigen bis 2050 erheblich ansteigen und damit der Fachkräftemangel in der Branche. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat in einer Studie ermittelt, dass schon heute etwa 30.000 Mitarbeiter in den sozialen Diensten fehlen und bis 2020, also bereits in knapp neun Jahren, wären es 220.000 Fachkräfte. Daher fordern die Sozialverbände dringend, die Zuwanderung von ausländischen Fachkräften zu erleichtern und deren vorhandene Berufsabschlüsse leichter in Deutschland anzuerkennen. Innerhalb der Europäischen Union ist die Anerkennung von Abschlüssen teilweise noch sehr unterschiedlich geregelt und von vielen bürokratischen Hürden beschränkt. Eine Vorrangprüfung mit der festgestellt wird, dass es für eine Stelle keinen deutschen Bewerber gibt, sollte künftig ausgesetzt werden, empfehlen Fachleute.
Ein weiterer Baustein um einen Notstand in der Pflege zu verhindern, sollten verstärkte Umschulungsangebote sein. Mit denen könnten besonders ins Berufsleben zurückkehrende Mütter gefördert werden. Von Pflegeeinrichtungen und Sozialdiensten werden Mütter wegen ihrer familiären Erfahrungen ohnehin bevorzugt eingestellt.
Viele Fachkräfte weisen aber auf einen weiteren Punkt hin: die nicht besonders hohen Gehälter in diesem sehr anspruchsvollen Beruf. Junge Leute, die sich nach dem Abitur für einen Beruf entscheiden müssen, haben meist deutlich bessere Angebote. Auch wenn die Pflegekassen dadurch noch stärker belastet werden, sollte der finanzielle Anreiz im Kampf gegen einen Fachkräftemangel nicht außer Acht gelassen werden.